Beitrag:
Birdwatchers, Backhefe, Tomatenmark, Nährstoffe, Zuckermaische
Von: der wo am 05.11.2014 22:53:33 | Region: da wer
Ich beschäftige mich zur Zeit mit Rezepten für Neutralalkmaische unter Verwendung von Backhefe. Wie so oft ist mir Hydroxyethan zur Hilfe gekommen. Ich eröffne dafür einen neuen Thread, die wesentlichen Sachen hab ich rüberkopiert:
Ausgangspunkt:
http://shuggo.com/birdwatchers/instructions.htm
http://shuggo.com/birdwatchers/calculator.htm
http://homedistiller.org/forum/viewtopic.php?f=14&t=5018
der wo:
Dann hab ich einen Eimer für Backhefe-Experimente am laufen:
Zur Zeit noch original-birdwatchers, also Zuckerwasser für 13-14%, Tomatenmark, Zitrsäure, Bittersalz und Backhefe. War anfangs beeindruckt, da es sofortestens losging, blubberte zwar nie so schnell wie ein Turbo, aber absolut stabil. Die geforderten 28°C erreiche ich knapp (Heizmatte). Der Tomatengeruch verschwand nach ein paar Tagen, ich glaub, das Ergebnis wird toll, aber es dauert leider ewig, so 3 Wochen + Klärung. Und ich bin mir nicht sicher, ob nicht doch etwas Zucker übrigbleibt.
Danach werde ich das Rezept mal schrittweise variieren, mit den üblichen Verdächtigen, Dünger, B-Vitamine, Zucker invertieren oder weniger Zucker...
Apropos! Frage!: DAP ist ja ein NP-Dünger, 18-46, also mit vor allem viel P. Entspricht das den Anforderungen der Hefe? Also braucht sie mehr P als N? Braucht sie kein K (ich werde NPK-Flüssigdünger nehmen, hab verschiedene rumstehen, muss mich demnächst entscheiden)?
Hydroxyethan:
DAP Frage: Nein, da hast Du was falsch verstanden... Diammoniumphosphat enthält 2x Stickstoff, nur ein mal Phosphor. Im Düngebereich werden Massezahlen angegeben, und Phosphat ist nun mal PO4, daher die Differenz. Prinzipiell braucht die Hefe Phosphor als Phosphat für alle Phosphorylierungen, also primär den Energiestoffwechsel. Mengenmäßig ist der Stickstoffbedarf (wie bei den Pflanzen) aber höher und der limitierende Faktor (Gesetz des Minimums). Stickstoff ist vor allem für die PBS (Proteinbiosynthese/Aminosäurenstoffwechsel/Enzymsynthese) interessant. Die Hefe kann über Umwege Ammonium-Ionen für den ben. Stickstoff nutzen, lieber ist ihr aber Nitrat. Auch wenn der Stickstoff dann letztendlich doch in einer Amino-Gruppe landet. Deshalb ergänze ich mit Kaliumnitrat, das liefert dann auch noch die Kalium-Ionen als Elektrolyt. Kalium ist im Wasser normalerweise nur wenig vorhanden, im Gegensatz zu Calcium beispielsweise. Dummerweise sind Nitrate etwas schwieriger zu beziehen, Du weisst schon wieso. Bumm!!! Der beste Stickstofflieferant ist Ammoniumnitrat, als Kalkammonsalpeter zu beziehen. In der Labortechnik wird als Basisnährsalz auch oft Ammoniumsulfat benutzt. Da fehlt aber dann das benötigte Phosphat. Vorsicht ist bei Flüssigdüngern geboten, diese enthalten meist zur Verbesserung der Bioverfügbarkeit EDTA als Chelator. Stichwort Spurenelemente (Chrom, Zink, Mangan, Molybdän...) Beim Brennen ist das egal, als Wein aber undiskutabel. Probieren kannst Du die Maische dennoch, ohne Dir größere Sorgen machen zu müssen. Grob ist die Reihenfolge der Elemente folgende:
-N
-P
-K
-S
Dann die Elektrolyte:
-K
-Na
-Cl
-Ca
Dann die Spuren(!)elemente:
-Mg
-Zn
und alle anderen die es da so gibt, siehe obig erwähnte...
So, aber nicht vergessen, dass sowohl Wasser als auch die org. Grundsubstanz Deiner Maische schon eine Menge mitbringt. Reiner Zucker ist da natürlich etwas schwach auf der Brust, klar. Bei diesem ist DAP, Thiamin, ein wenig Magnesiumsulfat und irgend ein Kaliumsalz (Kaliumchlorid beispielsweise) bei "normalem" Leitungswasser SEHR hilfreich.
Tomatenmark in der grob antizipierten Hefemasse löst Dein Elektrolyt/Kaliumproblem auch effizient. Dein Stickstoff- und Thiaminproblem NICHT! (Ist zwar von beidem was drin, aber besser ist mehr! Sonst Recycling durch Kannibalismus ;) Es ist halt immer die Frage, wie viel neue Hefebiomasse ich bilden will/mit wie viel ich starte)
der wo:
"wird als Basisnährsalz auch oft Ammoniumsulfat benutzt" da wäre dann auch für den Schwefel gesorgt. Bei fruchtweinkeller.de rangiert Schwefel weiter oben als bei dir:
Zitat:
600 g Ammoniumsulfat
400 g Diammoniunphosphat
1,2 g Thiamin
Pro 10l Wein davon 5g.
Überhaupt wird dort eher von Nährsalzen die nur auf DAP basieren (zB Vierka) abgeraten. Eher zu Mischungen mit Ammoniumsulphat (zB Arauner).
Mit Dünger und Vitaminen kann man ja die meisten Werte gut aufpeppen, den Schwefel aber leider nicht, daher beschäftigt mich das.
Oder geht das auch über Magnesiumsulfat/Bittersalz? Die Mengenangaben bei homedistiller diesbezüglich gehen übrigens weit auseinander: zB der dort hochgeschätzte Vielschreiber rad14701 empfiehlt für eine Tomatenmark, Dünger und Vitamine-Maische die 20fache Menge (12.5ml in 19l Maische) wie das originale birdwatchers-Rezept.
Danke für den Hinweis mit EDTA, hab ich nicht gewusst, daß das besser zu vermeiden ist. Bezüglich der Gesundheit habe ich eher auf Vermeiden des bei homedistiller diskutierten "urea" geachtet, also Harnstoff. Das läuft in den Düngerbezeichnungen hier glaub ich unter "Carbamidstickstoff".
Also ohne Zusätze hat mein original-birdwatchers 4 Wochen gebraucht bis wirklich nichts mehr gegährt hat. 2.05kg Zucker, 88g Tomatenmark, 2g Zitrsäure, 0.3g Bittersalz, auf 9l aufgefüllt, 2 7g-Päckchen Backhefe. Erreicht habe ich 12%, Zucker für 1.5% blieb übrig. Sonst vom Ergebnis her absolut top.
Seit 8 Tagen gärt der zweite Versuch: diesmal mit 2g Bittersalz, 20ml Dünger 6-6-6, 1 Vit-B-Tab (ua 3.3mg Thiamin), 2g Zitrsäure, 1.5g Calciumcarbonat, ansonsten gleich.
Nach 6 Tagen schon 11%, jetzt dümpelt es nur noch vor sich hin, wird wohl auch diesmal Zucker übrigbleiben. Trotz des Calciumcarbonats ist der pH-Wert inzwischen auf fast 3 runter, weiß nicht, ob das der Backhefe gefällt.
Zwei weitere Versuche sind geplant:
-Zucker in zwei Etappen zugeben
-statt Tomatenmark Weizenvollkornmehl nehmen (die ganze Sache ist natürlich auch irgendwo albern, trotzdem, es hat nun mal mehr Nährstoffe für weniger Geld und ist vielleicht noch neutraler).
Wenn immer noch Zucker übrigbleibt (womit ich rechne), geh ich auf 11% oder so runter.
Gruß, der wo