Wie bei so vielen anderen Dingen ist's auch beim Schnapsbrennen: nur weil etwas seit Generationen immer gleich gemacht wird, heißt das noch lange nicht, dass es keine bessere oder effizientere Methode gibt. Um jetzt vollends Verwirrung zu stiften, kann ich es nicht lassen hier auch meinen Senf dazu zu geben: Ich maische seit vielen Jahren hochgradig Früchte ein. In kleinen Ansätzen, z.B. waren es bei Williamsbirnen insgesamt 7 Liter Maische (ja, LITER, nicht Hektoliter!). Um das Ergebnis vorwegzunehmen: der Brand hat ein ausgezeichnetes, mildes (!) und intensives Birnenaroma, genau so wie es sein soll.
Ich kenne auch den Geschmacksvergleich zu teuren, professionell hergestellten "Willis" (also ohne Zuckerzugabe eingemaischt). Blindverkostung mit Freunden, darunter ein "Brennprofi", hat ergeben, dass Geruch und Geschmack in beiden Fällen gleich stark "birnig" waren. Also ist es definitiv falsch zu behaupten, Bränden aus hochgradigen Maischen fehlt es an Aroma. Jedoch etwas war auffällig, das musste auch der Profi-Brenner zugeben: der professionell hergestellte, teure Brand war eindeutig schärfer als der Willi aus der gezuckerten Maische.
Wie habe ich eingemaischt:
- die richtige Turbohefe (Prestige 8kg)
- Temperatur max. 19°C (sehr wichtig!!!)
- Zucker in kleinen Portionen, verteilt auf drei Wochen zugegeben.
- ausgegorene Maische wurde ca. 1 Jahr gelagert vor dem Brennen.
Hinweis:
um ehrlich zu sein war ich vom frischen Destillat sehr enttäuscht. Überhaupt kein Birnengeschmack zu erkennen. Nachdem ich nur ungern etwas wegschmeiße, habe ich den Brand verdünnt und im Keller ca. 1 Jahr quasi vergessen. War ja nur eine kleine Flasche, daher kein großer Aufwand. Wollte dann den Brand endgültig entsorgen und noch schnell einen Abschiedsschluck nehmen. Siehe da: nix wegschütten, ausgezeichnet, intensiver Birnengeschmack! Habe daraus gelernt, im Gegensatz zu z.B. Steinobstfrüchten muss sich das Willi-Aroma im Brand erst entwickeln. Vielleicht hat es auch daran gelegen, dass die Flasche nur ca. 3/4 voll war, das Destillat also "atmen" konnte.
Einige Anmerkungen zu den vorherigen Beiträgen:
- hochgradige Maischen können / sollen länger gelagert werden vor dem Brennen, erst dadurch ergibt sich das milde Aroma. Das Konservierungsmittel ist nichts anderes als der hohe Alkoholgehalt. Daher existiert Kahmhefe bei solchen Maischen auch nicht. Herkömmliche Maischen sollten hingegen möglichst bald nach der Gärung gebrannt werden, weil sie nicht haltbar sind, dazu ist der Alkoholgehalt zu gering. Ganz extrem bei Williamsbirnen: die fangen schon nach zwei Tagen an zu schimmeln. Zwar dient Biogen M, also Säurezugabe, dazu, dies zu verhindern, aber trotzdem ist Schimmel bzw. Kahmhefe meist nicht zu verhindern. Daher Maischen mit niedrigem Alkoholgehalt, egal ob angesäuert oder nicht, keinesfalls länger lagern.
- Aroma wird bei hochgradigen Maischen nicht verdünnt oder gestreckt, wie oben beschrieben. Ich erkläre mir das mit der Aromaausbeute: eine herkömmliche Maische schmeckt NACH dem Brennen super fruchtig, es ist nur schade, dass dieser Rest aus dem Kessel auf dem Komposthaufen landet und sich nur die Regenwürmer über den guten Geschmack freuen. Eine hochgradige Maische schmeckt nach dem Brennen hingegen nicht mehr ganz so toll. Zwar auch fruchtig, aber immerhin ein wenig ausgelutscht. Warum also kommt mehr Aroma ins Destillat?
.. ~ höherer Alkoholgehalt zieht mehr Geschmackstoffe raus. Beispiel: angesetzte (aufgesetzte) Himbeeren, einmal in 5 % Alkohol und einmal in 20 % Alkohol. Der 20 %'ige Ansatz schmeckt deutlich nach Himbeeren, der 5 %'ige ist nur mit viel Phantasie himbeerig.
.. ~ die Gärzeit beträgt bei hochgradigen Maischen und unter 19°C ca. 2 1/2 Monate. In dieser langen Gärzeit wird das Obst viel mehr zersetzt als bei den ca. 2 bis 3 Wochen Gärzeit bei herkömmlichen Maischen. Dadurch werden auch mehr Aromastoffe freigesetzt.
.. ~ hochgradige Maischen werden nur einmal gebrannt, jeder Brennvorgang geht auf Kosten vom Aroma. Wird oft genug hintereinander gebrannt kommt schlussendlich nahezu geschmacksneutraler Alkohol raus. Herkömmliche Maischen müssen doppelt gebrannt werden, da der Rohbrand weit unter 40 % hat. Bei Kolonnenanlagen ist es ähnlich, wird stark genug "verstärkt" und ist die Kolonne hoch genug, kommt reiner Ethanol ohne Geschmack heraus. So wird z.B. Weingeist für Apotheken hergestellt, allerdings sind das dann Kolonnen so hoch wie ein ca. vier stöckiges Gebäude. Also ein bisschen zu groß für den normalen Hobbybrenner.
.. ~ bei herkömmlichen Maischen hat der zweite Brand einen Alkoholgehalt von ca. 60 bis 65 %vol. Der erste Brand einer hochgradigen Maische ca. 55 bis 60 %vol. Es stimmt daher definitiv nicht, dass Aroma durch Verdünnung gestreckt wird, weil man zum Verdünnen mehr Wasser benötigt. Das Gegenteil ist richtig, zum Verdünnen wird weniger Wasser benötigt.
Warum wird dann immer wieder behauptet Brände aus hochgradigen Maischen seien angeblich aromaschwach?
- Die meisten reden das nach was sie irgendwo gehört / gelesen haben, ohne es selbst zu überprüfen.
- Viele arbeiten nach dem Motto "Man hat schon immer so eingemaischt, warum soll ich etwas anderes machen?"
- Kein professioneller Brenner (gesetzlich dazu gezwungen keinen Zucker zugeben zu dürfen) wird zugeben, dass seine durchaus gängige und weit verbreitete Einmaischmethode nicht gerade optimal ist, um so viel Aroma wie möglich aus den Früchten heraus zu holen.
- Einige versuchen es zwar, beachten aber einige Punkte der hochgradigen Methode nicht oder machen überhaupt das Gegenteil. Z.B. wird doppelt gebrannt, weil man das immer so macht, die Maische wird sofort nach der Gärung gebrannt, könnte schließlich schlecht werden bzw. weil man auch das immer so macht. Oder weil der Nachbar gesagt hat das ist alles Quatsch, das macht man ganz anders usw.
- Der Vollständigkeit halber muss ist leider auch die "Turbohefe" erwähnen. Wie gesagt, verwende ich Turbohefe für meine kleinen Ansätze von wenigen Litern je Frucht schon seit vielen Jahren. Inzwischen gibt es viele verschiedene "Turbohefen". Habe ein paar mal eine andere Sorte von einem anderen Hersteller versucht (alcotec 24 h oder so ähnlich), weil "Prestige 8kg" gerade nicht verfügbar war. NIE WIEDER! Grauslicher geht's nicht! Da muss ich den Kritikern recht geben, mit solchen Hefen kommt nur ein grauslicher nach Hefe riechender Mist raus. Hätte ich damals mit der falschen Turbohefe begonnen, hätte ich die hochgradige Methode ebenfalls sofort wieder bleiben lassen und nur noch darüber geschimpft.
So weit mein Senf zur ganzen Sache, ist doch mehr Text geworden als anfangs gedacht. Jedenfalls ist mir bewusst, dass da jetzt mit Gegenargumenten drauf gehauen wird so heftig es nur geht. Macht nix, will ja niemanden bekehren, bin kein Missionar. Geschmack und Geruch ist keine Glaubenssache oder Religion, sondern eindeutig nachprüfbar.
...und jetzt auf ein winziges Schlöckchen
:-)