Passt vielleicht eher in den Quercus alba thread. Aber da ich den quasi hier schon fortgesetzt habe, wechsel ich jetzt nicht wieder rüber.
Bei früheren Versuchen mit Eichensticks habe ich bemerkt, daß ungetoastete nur gecharrte Eiche nicht das Optimum ist, obwohl ja das Holz von Bourbonfässern eigentlich genauso aussieht, ungetoastet, aber gecharrt. Ich bin dann Empfehlungen gefolgt, Sticks vor dem Charren 1.5h bei 190°C im Backofen zu toasten, und musste zugeben, daß das Ergebnis im direkten Vergleich klar für sich spricht. Interessant auch, weil man 1.5h bei 190°C dem Holz kaum ansieht, also man höchstens von einem "extra light toast" sprechen kann, welcher aber überraschenderweise geschmacklich einen großen Unterschied macht. Die Braunfärbung des Holzes hängt nicht direkt zusammen mit der Entwicklung der Aromastoffe hab ich den Eindruck, sondern entsteht erst danach. Auch den Vergleich mit wirklich sichtbar getoastetem Holz gewann der "extra light toast" deutlich.
Wie lange und welche Temperatur braucht es, um was für Aromastoffe in großer Menge zu entwickeln?
Uuund darüber gibt es doch tatsächlich eine Studie! Mit Temperaturen zwischen 175 und 225°C. Und Toastungdauer bis 1h. Nur 1h? Schade, Toasten dauert doch länger? Die Studie zeigt aber, daß Aromastoffe sehr früh durch Hitze wieder abgebaut werden oder verdampfen:
"Real-Time Mass Spectrometry Monitoring of Oak Wood Toasting: Elucidating Aroma Development Relevant to Oak-aged Wine Quality"
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4661485/pdf/srep17334.pdf
20x5x1cm große Eichenholzstücke wurden bei entweder 175°C, 200°C oder 225°C eine Stunde lang getoastet und die Abluft dabei permanent mit einem Massenspektrometer auf Aromen untersucht. Dabei entsteht je eine Kurve (bzw 4 Kurven, da je 4 Holzstücke untersucht wurden, weil jedes Stück Holz ja sehr unterschiedlich sein kann). Anfangs gibt es keine Aromen, dann mehr und mehr und irgendwann, je nach Aromastoff früher oder später, gehen diese wieder zurück.
Wie gesagt, nicht die Aromen im Holz werden gemessen (das ist zumindest kontinuierlich leider nicht möglich), sondern die Aromen, welche aus dem Holz dampfen.
- Vor allem der Zeitpunkt, ab dem der Aromastoff geringer gemessen wird ist äußerst interessant, da er anzeigt, wann dieser Stoff im Holz geringer wird, weil mehr verdampft oder in etwas anderes umgewandelt wird, als neu gebildet wird. Das ist der Zeitpunkt, ab dem weiteres Toasten schädlich ist, wenn es einem speziell auf dieses Aroma ankommt. Und diese Zeitpunkte sind schneller erreicht als man denkt.
- Daß bei höherer Temperatur wesentlich mehr gemessen wird, ist nicht überraschend. Klar, daß bei hoher Temperatur die Aromastoffe schneller entstehen und auch schneller verdampfen. Aber interessant ist, wenn bei höherer Temperatur nicht nur mehr sondern auch länger ein Ansteigen gemessen wird, daß also obwohl viel mehr verdampft die Kurve erst später abfällt. Dann hat die höhere Temperatur das Potential mehr von dem Armomastoff zu erzeugen.
- Wenn in den ersten 5-10min schon etwas wesentliches gemessen wird, bedeutet das, daß dieses schon im ungetoasteten Holz vorhanden sein muss, da die ersten 5-10min das Holz nur trocknen, noch nicht toasten.
Ich habe mich eher auf die Ergebnisse von amerikanischer Weißeiche konzentriert. Die von französischer Eiche sind aber ähnlich, zwar unterscheidet sich die Menge der verschiedenen Stoffe stark, aber die Zeitpunkte des Entstehens und Verschwindens dieser Stoffe sind ähnlich.
- Lactone: Kokos- und Holzaroma
- Eugenol: Zimt- und Nelkenaroma
- HMF (5-Hydroxymethylfurfural) / Maltol: Karamell, Toffee, Tabak und Heu
- Furfural: Karamell und Mandel
- 5FM (5-Methylfurfural): Karamell, Nuss und Ahorn
- Vanillin: Vanille
- Guaiacol: Rauch (Lagerfeuerrauch)
Wenn man sich die Graphen auf S. 5 nun anschaut, fällt auf:
- daß die meisten Aromastoffe schon recht früh wieder geringer werden, viele schon nach 30min, ein längeres Toasten würde dieses Aroma also reduzieren.
- die Ausnahme ist das Guaiacol. Was aber klar ist, da es Holzfeuerraucharoma ist. Klar, daß der Holzfeuerrauch immer mehr wird mit der Zeit. Aber dominieren sollte er den Whisky nicht. Also liegt hier kein Grund, länger zu toasten, höchstens ein Grund, warum langes Toasten rauchig verbrannt schmecken könnte.
- eine halbe Ausnahme ist das Vanillin, welches ja gerade für amerikanische Whiskies sehr wichtig ist. Nur bei den 225°C ist ein Höhepunkt der Kurve nach einer knappen Stunde erkennbar. Bei den niedrigeren Temperaturen wäre der Höhepunkt erst später.
- daß manche Aromastoffe Hitze brauchen, um sich zu entwickeln. ZB Lactone sind zwar zT von Anfang an im Holz vorhanden, daher verdampfen sie sogar schon in den ersten Minuten, aber neue entstehen nur bei 225°C. Hier liegt ein Grund, vielleicht möglichst heiß (aber dafür kurz) zu toasten.
Mein Fazit:
Ich möchte nicht behaupten, daß sich mit diesen Daten ein Holzstick mit Aromaeigenschaften genau nach Maß zurechtschneidern lässt. Aber die sich aus den Messwerten ergebenden generell ziemlich kurzen Toastungszeiten (mit keinerlei Auswirkung auf die Färbung des Holzes selbst bei den wahrscheinlich vorteilhaften 225°C) sollten denen zu denken geben, welche instinktiv meinen, ein dunkler Toast hätte "mehr Aroma". Auch ich habe damals, als ich das erste Mal meinen Schnaps mit Holz veredeln wollte, zu dunkel gerösteten Chips gegriffen. Und die ersten selbstgemachten Sticks bekamen selbstverständlich einen "alligator char" verpasst. Inzwischen bin ich beim Gegenteil gelandet, extra light toast + light char... vor allem bei kurzer Lagerzeit bis 6 Monaten.
Gruß, der wo