Die Anfertigung spirituöser Getränke,
aus "Handbuch der Drogisten-Praxis"
Verlag von Julius Springer.1891.
Die Anfertigung spirituöser Getränke, Branntweine, bittere Schnäpse, Liköre und Punschextrakte bilden für viele Drogisten, namentlich in kleinen Städten, wo Spezialgeschäfte dieser Art fehlen, einen lohnenden Nebenerwerb, so dass wir in dem Nachstehenden etwas ausführlicher auf die Fabrikation eingehen wollen. Selbstverständlich berücksichtigen wir hierbei nur die Fabrikation auf kaltem Wege, während die eigentliche Destillation unberücksichtigt bleibt.
Die Kenntniss der Rohmaterialien, welche hierbei in Anwendung kommen, müssen wir bei einem Drogisten voraussetzen. Wer sich über Einzelnes genauer unterrichten will, den verweisen wir auf des Verfassers Handbuch der Drogisten-Praxis I.
Bevor wir auf die eigentlichen Vorschriften eingehen, seien noch einige besondere Winke gegeben.
1. Der zu verwendende Spiritus muss ganz besonders fein, d. h. frei von Fuselölen sein. Es eignet sich hierzu am besten der hochfeine Kartoffelspiritus, wie er in grossen Massen als sog. Weinsprit nach Frankreich und Spanien geht, um dort zur Fabrikation des Cognacs und der
reichen Weine zu dienen. Kornbranntweine eignen sich ihres starken Geruches halber nur für einzelne Spirituosen, wie Kümmel, Genèvre und Nordhäuser. Für andere sind sie direkt unbrauchbar. Was die Alkoholgrade der spirituosen Getränke betrifft, so rechnet man für Rum, Arrac und Cognac 45-60°, für Branntweine und bittere Schnäpse 30-40° und für feine Liköre 25-33°.
2. Wo Zucker zur Verwendung kommt, muss dieser stets zuvor durch Aufkochen und Abschäumen geläutert werden. Gebläute Zucker sind gänzlich zu verwerfen. Seit der flüssige Invert- oder Fruchtzucker im Handel ist, sollte man diesen immer an Stelle des Rohrzuckers verwenden, um so mehr, da sein Preis wenig oder gar nicht höher als der des gewöhnlichen Zuckers ist. 1 Liter Invertzucker entspricht 1 kg gewöhnlichen Zucker. Vor dem Letzteren hat er für die Zwecke der Likörfabrikation folgende Vorzüge: 1. Das bei grossen Mengen höchst lästige Aufkochen und Abschäumen fällt weg. 2. Er giebt dem Getränk, ohne es zu süss zu machen, eine grosse Rundung und Fülle. 3. Das lästige Auskrystallisiren bei sehr zuckerreichen Likören und Punschextrakten kommt bei Benutzung des Invertzuckers niemals vor. 4. Das Arom der Getränke tritt im Geschmack stärker hervor, weil es durch die mildere Süsse des Invertzuckers weniger beeinträchtigt wird.
3. Die zur Anwendung kommenden sonstigen Materialien müssen von allerbester Beschaffenheit sein. Von den ätherischen Oelen sollten nur die hochfeinsten Marken verwendet werden. Denn es ist, um nur ein Beispiel anzuführen, ein grosser Unterschied, ob ein Pfefferminzlikör mit feinstem Mitscham- oder amerikanischem Pfefferminzöl bereitet ist.
Wo Kräuter und Wurzeln direkt zur Verwendung kommen, müssen diese frisch, gut getrocknet und von allem Schmutz befreit sein. Gerade" der letztere Umstand ist bei Massenartikeln, wie Wermuth, Kalmus etc. sehr zu beachten, da beim Trocknen auf dem Boden oft die widerlichsten Dinge mit hineingerathen und das ganze Fabrikat verderben können. Frische ungetrocknete Vegetabilien geben allerdings sehr kräftige Auszüge, aber die damit bereiteten Getränke haben leicht einen krautigen Geschmack, ein Uebelstand, der bei vorsichtig getrocknetem Material wegfällt.
Wer sich also mit der Fabrikation im Grösseren befasst und in der Lage ist, die betreffenden Kräuter und Wurzeln frisch erhalten zu können, der wird gut thun, dieselben vorsichtig zu trocknen und dann sofort starke Tinkturen oder Essenzen aus denselben zu bereiten. Auf diese Weise wird er im Stande sein, Produkte von gleichmässiger und höchster Feinheit des Geschmackes zu liefern.
4. Spirituosen sollten niemals frisch verbraucht werden; erst nach hinreichender Lagerzeit runden sich Geruch und Geschmack völlig ab. Jetzt erst werden sie auf Flaschen gefüllt und an einem mässig warmen Orte, vor direktem Sonnenlicht geschützt, aufbewahrt. Letzteres wirkt sehr schädigend auf Geruch und Geschmack ein, daher sollte man für das Schaufenster bestimmte Flaschen nur mit gefärbtem Wasser füllen.
5. Hochfeine Liköre und sog. Crêmes werden sehr im Geschmack verbessert, wenn man einen Theil des Spiritus durch Cognac, Arrac oder Bum ersetzt. Wo dies der Preis erlaubt, wird durch einen derartigen Zusatz Vorzügliches erreicht.
6. Lässt man die Spirituosen hinreichend ablagern, wird man selten oder nie eine Klärung nöthig haben; nur wenn farblose Getränke, wie Pfefferminz, Kümmel etc. sehr frisch verbraucht werden müssen, ist eine Klärung zuweilen erforderlich. Man hat hierfür verschiedene Methoden.
1. Auf je 10 Liter Spirituosen mischt man eine Lösung von 15,0 gebranntem oder 20,0 ungebranntem Alaun in der nöthigen Menge heissen Wassers, schüttelt gut durch und lässt 12-24 Stunden absetzen. Alaun darf jedoch niemals bei gefärbten Spirituosen angewandt werden, weil er die Farben niederschlägt.
2. Durch Thonerdehydrat. Dieses erhält man, indem eine heisse Alaunlösung durch eine heisse Sodalösung gefällt wird. Der Niederschlag von Thonerdehydrat wird ausgewaschen und noch feucht mit den Spirituosen gemischt. Man lässt 12-24 Stunden ablagern.
3. Durch Eiweiss. Auf 10 Liter Spirituosen schlägt man 1 Eiweiss zu Schaum, mischt gut durch und lässt absetzen.
4. Durch Hausenblasenlösung. Die Klärung erfolgt hier weit langsamer als durch Alaun.
5. Durch Zumischen von gepulvertem Talkum. Hier ist die Klärung eine rein mechanische, indem die Trübung durch die niederfallenden Talkumpartikelchen mitgerissen wird.
7. Färbung der Spirituosen.
1. Roth. Karminlösung (s. d.), Himbeerfarbe (s. d.), Heidelbeertinktur. Letztere stellt man sehr einfach dadurch her, dass man gegohrenen Heidelbeersaft mit 1/10 seines Gewichtes Spiritus mengt, absetzen lässt und filtrirt.
2. Gelb. Kurkumatinktur oder eine wässerige Lösung von Saffransurrogat.
3. Blau. Indigokarmin in wässeriger Lösung.
4. Violett. Mischung aus Roth und Blau.
5. Grün. Chlorophyll spritlöslich. Wo es auf Billigkeit der grünen Farbe ankommt, verwendet man eine Mischung von Saffransurrogat mit Indigokarmin. Auf 1kg Wasser 40, Indigokarmin und 15,0 Saffransurrogat.
6. Braun. Zuckerkulör in verdünnter, wässeriger Lösung.
Verlag von Julius Springer.1891.
Die Anfertigung spirituöser Getränke, Branntweine, bittere Schnäpse, Liköre und Punschextrakte bilden für viele Drogisten, namentlich in kleinen Städten, wo Spezialgeschäfte dieser Art fehlen, einen lohnenden Nebenerwerb, so dass wir in dem Nachstehenden etwas ausführlicher auf die Fabrikation eingehen wollen. Selbstverständlich berücksichtigen wir hierbei nur die Fabrikation auf kaltem Wege, während die eigentliche Destillation unberücksichtigt bleibt.
Die Kenntniss der Rohmaterialien, welche hierbei in Anwendung kommen, müssen wir bei einem Drogisten voraussetzen. Wer sich über Einzelnes genauer unterrichten will, den verweisen wir auf des Verfassers Handbuch der Drogisten-Praxis I.
Bevor wir auf die eigentlichen Vorschriften eingehen, seien noch einige besondere Winke gegeben.
1. Der zu verwendende Spiritus muss ganz besonders fein, d. h. frei von Fuselölen sein. Es eignet sich hierzu am besten der hochfeine Kartoffelspiritus, wie er in grossen Massen als sog. Weinsprit nach Frankreich und Spanien geht, um dort zur Fabrikation des Cognacs und der
reichen Weine zu dienen. Kornbranntweine eignen sich ihres starken Geruches halber nur für einzelne Spirituosen, wie Kümmel, Genèvre und Nordhäuser. Für andere sind sie direkt unbrauchbar. Was die Alkoholgrade der spirituosen Getränke betrifft, so rechnet man für Rum, Arrac und Cognac 45-60°, für Branntweine und bittere Schnäpse 30-40° und für feine Liköre 25-33°.
2. Wo Zucker zur Verwendung kommt, muss dieser stets zuvor durch Aufkochen und Abschäumen geläutert werden. Gebläute Zucker sind gänzlich zu verwerfen. Seit der flüssige Invert- oder Fruchtzucker im Handel ist, sollte man diesen immer an Stelle des Rohrzuckers verwenden, um so mehr, da sein Preis wenig oder gar nicht höher als der des gewöhnlichen Zuckers ist. 1 Liter Invertzucker entspricht 1 kg gewöhnlichen Zucker. Vor dem Letzteren hat er für die Zwecke der Likörfabrikation folgende Vorzüge: 1. Das bei grossen Mengen höchst lästige Aufkochen und Abschäumen fällt weg. 2. Er giebt dem Getränk, ohne es zu süss zu machen, eine grosse Rundung und Fülle. 3. Das lästige Auskrystallisiren bei sehr zuckerreichen Likören und Punschextrakten kommt bei Benutzung des Invertzuckers niemals vor. 4. Das Arom der Getränke tritt im Geschmack stärker hervor, weil es durch die mildere Süsse des Invertzuckers weniger beeinträchtigt wird.
3. Die zur Anwendung kommenden sonstigen Materialien müssen von allerbester Beschaffenheit sein. Von den ätherischen Oelen sollten nur die hochfeinsten Marken verwendet werden. Denn es ist, um nur ein Beispiel anzuführen, ein grosser Unterschied, ob ein Pfefferminzlikör mit feinstem Mitscham- oder amerikanischem Pfefferminzöl bereitet ist.
Wo Kräuter und Wurzeln direkt zur Verwendung kommen, müssen diese frisch, gut getrocknet und von allem Schmutz befreit sein. Gerade" der letztere Umstand ist bei Massenartikeln, wie Wermuth, Kalmus etc. sehr zu beachten, da beim Trocknen auf dem Boden oft die widerlichsten Dinge mit hineingerathen und das ganze Fabrikat verderben können. Frische ungetrocknete Vegetabilien geben allerdings sehr kräftige Auszüge, aber die damit bereiteten Getränke haben leicht einen krautigen Geschmack, ein Uebelstand, der bei vorsichtig getrocknetem Material wegfällt.
Wer sich also mit der Fabrikation im Grösseren befasst und in der Lage ist, die betreffenden Kräuter und Wurzeln frisch erhalten zu können, der wird gut thun, dieselben vorsichtig zu trocknen und dann sofort starke Tinkturen oder Essenzen aus denselben zu bereiten. Auf diese Weise wird er im Stande sein, Produkte von gleichmässiger und höchster Feinheit des Geschmackes zu liefern.
4. Spirituosen sollten niemals frisch verbraucht werden; erst nach hinreichender Lagerzeit runden sich Geruch und Geschmack völlig ab. Jetzt erst werden sie auf Flaschen gefüllt und an einem mässig warmen Orte, vor direktem Sonnenlicht geschützt, aufbewahrt. Letzteres wirkt sehr schädigend auf Geruch und Geschmack ein, daher sollte man für das Schaufenster bestimmte Flaschen nur mit gefärbtem Wasser füllen.
5. Hochfeine Liköre und sog. Crêmes werden sehr im Geschmack verbessert, wenn man einen Theil des Spiritus durch Cognac, Arrac oder Bum ersetzt. Wo dies der Preis erlaubt, wird durch einen derartigen Zusatz Vorzügliches erreicht.
6. Lässt man die Spirituosen hinreichend ablagern, wird man selten oder nie eine Klärung nöthig haben; nur wenn farblose Getränke, wie Pfefferminz, Kümmel etc. sehr frisch verbraucht werden müssen, ist eine Klärung zuweilen erforderlich. Man hat hierfür verschiedene Methoden.
1. Auf je 10 Liter Spirituosen mischt man eine Lösung von 15,0 gebranntem oder 20,0 ungebranntem Alaun in der nöthigen Menge heissen Wassers, schüttelt gut durch und lässt 12-24 Stunden absetzen. Alaun darf jedoch niemals bei gefärbten Spirituosen angewandt werden, weil er die Farben niederschlägt.
2. Durch Thonerdehydrat. Dieses erhält man, indem eine heisse Alaunlösung durch eine heisse Sodalösung gefällt wird. Der Niederschlag von Thonerdehydrat wird ausgewaschen und noch feucht mit den Spirituosen gemischt. Man lässt 12-24 Stunden ablagern.
3. Durch Eiweiss. Auf 10 Liter Spirituosen schlägt man 1 Eiweiss zu Schaum, mischt gut durch und lässt absetzen.
4. Durch Hausenblasenlösung. Die Klärung erfolgt hier weit langsamer als durch Alaun.
5. Durch Zumischen von gepulvertem Talkum. Hier ist die Klärung eine rein mechanische, indem die Trübung durch die niederfallenden Talkumpartikelchen mitgerissen wird.
7. Färbung der Spirituosen.
1. Roth. Karminlösung (s. d.), Himbeerfarbe (s. d.), Heidelbeertinktur. Letztere stellt man sehr einfach dadurch her, dass man gegohrenen Heidelbeersaft mit 1/10 seines Gewichtes Spiritus mengt, absetzen lässt und filtrirt.
2. Gelb. Kurkumatinktur oder eine wässerige Lösung von Saffransurrogat.
3. Blau. Indigokarmin in wässeriger Lösung.
4. Violett. Mischung aus Roth und Blau.
5. Grün. Chlorophyll spritlöslich. Wo es auf Billigkeit der grünen Farbe ankommt, verwendet man eine Mischung von Saffransurrogat mit Indigokarmin. Auf 1kg Wasser 40, Indigokarmin und 15,0 Saffransurrogat.
6. Braun. Zuckerkulör in verdünnter, wässeriger Lösung.